So war die rollende Demo

(csp.) Man muss das Motorradfahren schon besonders mögen, um im Kriechtempo durch den Regen zu fahren. 1.100 Biker hatten in Dresden einen triftigen Grund dafür. |

Vor Beginn der Demo reichte die Warteschlange bis weit ins Messegelände hinein.

Das Harley Chapter Dresden hatte gerufen. Die Verantwortlichen wollten das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden. Wegen Corona mussten die Harley Days in diesem Jahr ausfallen, kurzerhand wurde daraus am Sonnabend der Heavy Metal Bike Day – eine Veranstaltung mit weniger Hygienekonzept, weniger Publikum und eher auf regionaler Ebene. Den Sonntag prägt bei den Harley Days eine Tour durch die Stadt, dieses Mal wurde daraus eine Demonstration, markenoffen und natürlich mit Polizeibegleitung.

Das Wetter passte leider genau zum Wetterbericht. Nach Sonne am frühen Morgen zogen Wolken auf und beinahe pünktlich zum Start um 11 Uhr setzte Regen ein. Und dabei bliebs, fast eine Stunde lang. Ständig Gedröppel von oben und dennoch eine Tour durch ganz Dresden? Das macht nur, wer das Motorradfahren besonders mag, sagte danach Klaus-Dieter Lindeck, einer der Organisatoren, auf der Bühne.

Deutlich mehr als 1.000 Motorradfahrer mochten es. Und um es vorweg zu nehmen: Wer das schon mal in Dresden gemacht hat, weiß, dass nasse Straßenbahnschienen und Motorradreifen nicht so richtig zusammenpassen. Einer Zweiradbesatzung wurde das im Stadtteil Bühlau zum Verhängnis. Sie stürzte an der Ecke Grundstraße/Bautzner Straße, der Rettungswagen musste kommen und die Sozia ins Krankenhaus bringen. Am frühen Nachmittag, als die Runde zu Ende gefahren war, hieß es, es gehe ihr den Umständen entsprechend gut.

Auf der Bühne in der Rinne sprachen nach der Demo mehrere Protagonisten über die möglichen Folgen eines Fahrverbots.

Alle anderen Biker bewältigten die nasse Runde problemlos und trotz Regens war immer Publikum an der Strecke. Viel Beifall gabs, nur wenige Autofahrer konnten es kaum aushalten, mal ein paar Minuten vorbeifahrende Motorräder anzusehen. Mehr als 60 Ordner halfen der Polizei dabei, die Kolonne sicher durch die Stadt zu leiten. Sie kamen unter anderem vom Harley Chapter und von Sachsenbike.

Am Ziel im Ostragehege gabs nach rund 90 Minuten Fahrt – zum Schluss übrigens im Trockenen – dann noch die Gelegenheit, mehrere Protagonisten zu hören, die auf einer Bühne über die Folgen sprachen, die ein Wochenend- und Feiertagsfahrverbot für Motorräder zur Folge haben könnte. Bikerpastor Roberto Jahn von den Christlichen Motorradfahrern Sachsen sagte, für christliche Motorradfahrer, die sich sonntags zum Gottesdienst träfen, käme das einer Einschränkung der Religionsfreiheit gleich. Matthias Lindner, einer der Geschäftsführer der Harley Days Dresden, erinnerte daran, dass ein solches Verbot jedes Motorradtreffen einschränken oder ganz unmöglich machen würde. Thomas Luck vom Dresdner Motorradservice Luck sprach für die Kfz-Innung und erklärte, auch die Innung lehne ein Fahrverbot für Motorräder an Wochenenden und Feiertagen ab.

 

Mitorganisator Klaus-Dieter Lindeck erklärte einem MDR-Team mit Reporter Dan Hirschfeld den Hintergrund der rollenden Demo.

Mit 1.100 Teilnehmern war diese rollende Demo in Dresden natürlich keine, die künftig in der Liste der Demo-Superlative auftauchen wird. Vielleicht war das auch dem Wetter geschuldet. Sie war aber die erste rollende Demo in der sächsischen Landeshauptstadt und vielleicht nicht die letzte. Auf jeden Fall war es eine, die gezeigt hat, wie gut markenübergreifende Zusammenarbeit funktionieren kann. Schließlich gelten die Harley-Fahrer als eigenes Völkchen und haben hier gezeigt, dass sie durchaus den Blick fürs Große und Ganze haben.

Nicht überraschend war so auch, dass Mitorganisator Klaus-Dieter Lindeck weitere Aktionen ankündigte, an denen sich dann sicher auch wieder nicht nur Harley-Fahrer beteiligen. Schließlich eint das Hobby: Zwei Räder, ein Motor und die große Freiheit.

 

 

Hier noch ein Video. Die Ordner waren schon da, die Demo-Teilnehmer treffen ein. Und – es fängt an, zu nieseln.

Quelle: Unkorrekt – Dresdner Betrachtungen nach Redaktionsschluss


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