Frank Rönicke, der bereits mehrere Bücher über Fahrzeuge aus DDR-Produktion verfasst hat, legt nun »Das große MZ-Buch« vor. Erfreulicherweise geht der umfangreich bebilderte Band thematisch über seinen Untertitel »Die Zweitakt-Ikonen« weit hinaus. |
In den 50er-Jahren war MZ technisch international auf Augenhöhe, in den frühen Sechzigern auch im Motorsport erfolgreich, dann verlor die Marke durch die Planwirtschaft den Anschluss und überlebte nach der Wende nur noch einige Jahre.
Wer sich heute auf den einschlägigen Fahrzeugbörsen im Internet umschaut, der wundert sich, in welchen Preisregionen sich so manche MZ inzwischen bewegt – waren die Maschinen aus dem Erzgebirge hierzulande doch als Motorräder aus dem Versandhauskatalog (Neckermann) verschrien, und nach dem Mauerfall wollte sie trotz einiger neuer Modelle auch so gut wie niemand mehr haben. Als historischer Beitrag zur Motorradentwicklung ist bis heute der ebenso einfache wie geniale Kettenschlauch geblieben.
Die Geschichte der Motorräder aus Zschopau beginnt bekannterweise 1907 mit DKW, dem zeitweilig größten Motorradhersteller der Welt. Die 1940 vorgestellte RT 125 gilt heute als das meistkopierte Motorrad der Welt – und legte nach dem Ende des Krieges auch den Grundstein für MZ (Motorradwerk Zschopau). Zunächst lief sie noch unter IFA, ehe 1956 die Umbenennung auf die zwei Buchstaben erfolgte. Die erhielt auch die 1953 eingeführte Zwei-Zylinder-Boxermaschine BK 350, das bis zur Wiedervereinigung das größte Motorrad der Marke blieb. Die Staatsführung verdammte MZ wenig später dazu, ausschließlich Ein-Zylinder-Zweitakter zu bauen – was man zunächst technisch sogar auf hohem Niveau tat.
So waren die Modelle ES 125 und ES 150 von 1962 die weltweit ersten Motorräder mit Lichthupe und asymmetrischem Abblendlicht. Zu dieser Zeit fuhren die Zschopauer im Grand-Prix auch in der Weltspitze mit. Fahrer wie Mike Hailwood oder Luigi Taveri konnte sich das Werk aber nur kurzzeitig leisten, ehe sie abgeworben wurden. Dennoch durfte sich MZ 1963 offiziell rühmen, »die schnellsten Zweitakter der Welt« zu bauen. Und die »Fahrerflucht« von Ernst Degner in den Westen kostete der Marke zwei Jahre zuvor den so gut wie sicheren Weltmeistertitel in der 125er-Klasse. Erfolgreich blieben die Maschinen aus Sachsen im Geländesport, insbesondere bei den berühmten Six Days. Und auch diverse Europameistertitel gingen nach Zschopau.
Frank Rönicke widmet etwa 40 Prozent seines Buches den Serien-Zweitaktern. Dabei kommen auch technikaffine Leser mit entsprechenden Textpassagen und Explosionszeichnungen auf ihre Kosten. Im Abschnitt über den Rennsport dominieren hingegen Fahrerportraits und die Aufzählung der vielen Siege. Dem Untertitel zum Trotz stehen auf den letzten 50 Seiten die Nachwende-Zeit und die Viertakter von MZ im Mittelpunkt. Mit dem Wendejahr und harter D-Mark statt Tauschgeschäften mit sozialistischen Bruderstaaten sowie den aus der Zeit gefallenen Zweitaktern war insbesondere im eigenen (wiedervereinigten) Land kein Staat mehr zu machen.
Mit dem raubeinigen 500-Kubik-Einzylinder von Rotax im alten Rahmen war eine schnelle Lösung gefunden. Vor allem die klassisch angehauchte Silver Star ist heute ein gesuchtes Modell. Und auch ein Gespann von der Stange bot sonst kaum jemand.
Es folgten die bunte Enduro Baghira und die böse dreinblickende Supermoto Mastiff sowie die Scorpion-Reihe, allesamt mit Yamahas 660er-Motor. Ein Hauch Hoffnung lag in der Luft, zumal mit der ersten Eigenentwicklung eines Viertakters in Zschopau die RT 125 entstand. Sie musste den Vergleich mit Leichtkrafträdern etablierter Marken nicht scheuen. Im Gegenteil. Doch dann mischten sich ein malaysischer Mischkonzern und ein ehrgeiziger Manager ein. Trotz oder besser gerade wegen der hochfliegenden Modellpolitik mit der S 1000 ging es schnell steil bergab im Erzgebirge.
Die Rennfahrer Ralf Waldmann und Martin Wimmer als vorletzte Besitzer des ehemaligen DKW-Werkes konnten den Untergang auch nicht mehr aufhalten. 2012 war endgültig Schluss. Dabei hatte man in Zschopau kurz vorher noch einen neuartigen 125-Kubik-Motor entwickelt, über den Frank Rönicke allerdings kein Wort verliert. Bilder von den letzten MZ-Modellen, Rollern aus China, enthält der Autor dem Leser aber zum Glück vor.
In dem reich bebilderten Band wechseln sich historische Aufnahmen und Abbildungen restaurierter Maschinen mit offiziellen Werksfotos sowie Rennsportszenen ab. Dazu gibt es, wie erwähnt, einige Explosionszeichnungen und kurz und bündig gehaltene Produktionstabellen zu den jeweiligen Baureihen.
»Das große MZ-Buch – Die Zweitakt-Ikonen« von Frank Rönicke hat 240 Seiten mit 400 Bildern. Es ist im Motorbuch-Verlag erschienen und kostet 29,90 Euro. (aum/jri)
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Foto: Auto-Medienportal.Net / Motorbuch-Verlag
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Quelle: Tourenfahrer.de